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Charakter-Entwicklung

Mit der Charakter-Erschaffung ist ein erster Schritt im Leben eines Helden getan, diesem werden noch viele weitere folgen. Der Charakter entwickelt sich, er sammelt Erfahrung, lernt ständig etwas neues hinzu, trifft Personen, die ihn beeinflussen und trifft Entscheidungen, die sein weiteres Leben bestimmen.

Die Entwicklung eines Charakters ist ein kontinuierlicher Prozeß und verläuft in kaum erkennbar kleinen Schritten.

Bei Daidalos gibt es keine Erfahrungspunkte für bestandene Abenteuer, die Spieler sollen nicht für eine bestimmte Handlungsweise belohnt werden, das Spielen allein sollte genug Belohnung sein. Jeder gute Rollenspieler, egal ob Spieler oder Spielleiter, versucht im Idealfall, seine Charaktere möglichst gut darzustellen. Und eine Verbesserung der Darstellung erreicht der Spielleiter durch Belohnung mit Abenteuerpunkten wohl nicht. Eher hilft ein klärendes Gespräch bei Mißverständnissen und widersprüchlichen Meinungen über eine Spielsituation.

Darüber hinaus gibt auch keine Stufen, Grade oder ähnliches. Rollenspiele sind schließlich keine sportlichen Wettkämpfe im Sinne von "Schneller, Höher, Weiter". Fragen wie "In welcher Stufe bist du denn?" gehen meiner Meinung nach am eigentlichen Ziel von Rollenspielen meilenweit vorbei.

Die Entwicklung eines Charakters findet im Rollenspiel statt - in jeder Hinsicht. Der Charakter formt sich im Spiel und nimmt Gestalt an, seine Persönlichkeit entwickelt sich erst hier. Aber auch Veränderungen, die die Attribute und die Fertigkeiten betreffen, werden erspielt und aktiv erreicht. Die Verbesserung von Fertigkeiten findet nicht zwischen den Sitzungen statt, sondern ist Bestandteil der Abenteuer. Die Spieler müssen sich darum bemühen, aber dies bewirkt eine stimmige Entwicklung der Charaktere und eine Entwicklung im Einklang mit den Ereignissen ihres Lebens.

Ein Beispiel:

    Kaldarion von Hohengoldfels, ein junger Adliger, hat gerade frisch seine Kriegerakademie verlassen, an der er die letzten fünf Jahre seines noch jungen Lebens verbracht hat. Als er die Stadt verlassen will, erhält er seinen Einsatzbefehl, er muß in die Schlacht ziehen. Einige Wochen später, er hat sich von seinen Verletzungen mittlerweile erholt, bricht er wieder auf, diesmal in der Absicht etwas von der Welt zu sehen. Seine Fertigkeiten im Umgang mit dem Schwert, zu Beginn vom Spieler als "überdurchschnittlich, aber unerfahren" beschrieben, sind mittlerweile "überdurchschnittlich und erste Kampferfahrung".

    Jahre später mag dies wiederum ganz anders aussehen. Kaldarion hat viel von der Welt gesehen, seine Taten werden an zahlreichen Lagerfeuern besungen. Er ist ein "echter Veteran, mit dem sich nicht mehr viele messen können".

Natürlich ist die Entwicklung nicht rein auf die Spielsitzungen beschränkt. Gelegentlich haben die Charaktere Wochen oder Monate Zeit, ihren weiteren Interessen nachzugehen. Auch dabei lernen sie dazu, treffen Leute und verändern sich.

Diese Entwicklung sollte ebenfalls schriftlich festgehalten werden. Hierbei geht es nicht um Kleinigkeiten, sondern um entscheidende Angelegenheiten für das zukünftige Leben des Charakters.

Liest ein Charakter in einer modernen Welt ein Buch über ein fremdes Land, ist das nicht unbedingt einer Erwähnung wert. Tut er dies jedoch im Mittelalter, oder liest er gar ein magisches Buch, das für ihn von großer Bedeutung ist, so sollte auch die Beschreibung entsprechend umfangreich sein und beispielsweise enthalten, unter welchen Umständen er zu dem Buch kam, was es genau enthält und wie sich der Inhalt des Buches auf das Wissen des Charakters auswirkt.

Es gibt Rollenspiele und Charaktere, bei denen eine deutlich erkennbare Entwicklung der Personen im Vordergrund steht und dabei sehr weitreichend sein kann. Typisch sind dafür häufig Fantasy-Rollenspiele, allen voran das klassische Beispiel einer armen Bauerstochter, vom Schicksal in Not gebracht, die aufbricht, um mehr von der Welt zu sehen und eines Tages zu Reichtum und Ehre gelangt. Andere Rollenspiele setzen relativ erfahrene, professionelle Charaktere an den Beginn der Abenteuer, deren Entwicklung auf eine subtilere Art, aber trotzdem mindestens im gleichen Umfang stattfinden kann.

Von der Art der Charaktere abhängig fällt ihre Entwicklung unterschiedlich aus, eine Entwicklung ist dennoch stets vorhanden und auch dabei wird von Spielern und Spielleiter das entsprechende Gespür für die Atmosphäre und die Stimmung des Spiels verlangt, um Charaktere und Abenteuer mit dem richtigen Flair zu erreichen. Dies ist nicht immer ganz einfach, aber von mal zu mal fällt es leichter, das Notwendige zu erkennen und zu sehen, was eine gute Geschichte benötigt und was ihr schaden oder sie zerstören würde.

Allerdings sollte man etwas im Auge behalten. Das Sprichwort "Übung macht den Meister" gilt für die Charaktere im Rollenspiel nur bedingt. Natürlich können diese ihre knapp bemessene Freizeit - also die Zeit außerhalb des Spiels - damit verbringen, ihre Fähigkeiten zu verbessern.

Vielleicht sollte man aber eher sagen, "Übung macht noch keinen Meister". Auch wenn es nicht ganz realistisch ist, ist es im Sinne des Spielvergnügens notwendig, daß der wirkliche Fortschritt des Charakters im Spiel stattfindet. Für eine echte Entwicklung braucht es Herausforderung. Oder noch deutlicher formuliert: ohne Bedrohung kann es keine tiefgreifende Entwicklung geben. Charaktere können sich nur verbessern, wenn sie sich mit Schwierigkeiten auseinandersetzen und diese auch überwinden.

In der Entwicklung der Charaktere sollten sich dementsprechend auch die gemachten Erfahrungen widerspiegeln. Das soll nicht bedeuten, daß der Spielleiter exakt vorgibt, wie die Charaktere sich weiterentwickeln. Aber er kann, soweit die Spieler dies nicht selbst erkennen, ein Gerüst vorgeben, ohne jedoch Abweichungen im Voraus auszuschließen.

Grundsätzlich muß immer gelten, daß eine wirklich gute Begründung alles ermöglicht.

Wie weit sich Charaktere entwickeln können, liegt sehr stark an der gewählten Spielatmosphäre. In einem realitätsnahen Spiel ist es verhältnismäßig schwierig, sehr gut zu werden. In einem heroischen oder cineastischen Spiel hingegen ist es für echte Helden durchaus im Bereich des Möglichen und sogar gewünscht, zur Weltklasse aufzusteigen und eines Tages ein Teil von Sagen und Legenden zu sein. Unabhängig von den Fähigkeiten der Charaktere muß man die der Spielwelt eigenen phantastische Realität im Auge behalten und bewahren.

Vielleicht stellt sich jetzt die Frage, "wieviel" Entwicklung es für überstandene Gefahren gibt. Dabei gilt, je größer die Gefahr, je schwieriger das überwundene Hindernis, desto stärker fällt die Entwicklung der Charaktere aus.

Ich habe immer die Auffassung vertreten, daß die Spieler nicht für ihr Rollenspiel belohnt werden müssen. Das sollten sie selbst tun - mit der Art wie sie das Spiel gestalten. Spieler für schlechtes Rollenspiel mit einem Abzug von Entwicklungspunkten zu bestrafen ist der falsche Weg. Ein paar ehrliche, offene Worte können da viel mehr bewirken. Die Entwicklung der Charaktere sollte ausschließlich aus der von ihnen gemachten Erfahrung abgeleitet werden. Hat ein Charakter etwas für ihn einmaliges überstanden, so hat dies auf ihn viel größere Auswirkungen, als auf einen Charakter, der eine ähnliche Situation schon oft erlebt hat und daraus vielleicht überhaupt nichts mehr lernen kann.

Man muß aber auch sehen, daß ein Charakter nur so gut wie sein Spieler sein kann. Ein mächtiger Charakter, der von einem unerfahrenen Spieler geführt wird, würde einem alten Spielerhasen, wenn es darauf ankäme, immer unterliegen.



Und weiter mit dem Kapitel Konflikte



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