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Tipps für den Spieleiter

Hinter den Kulissen

Im Laufe der Zeit werden hier Tipps und Tricks dargestellt, die es dem Spielleiter und den Spielern erleichtern, anspruchsvolles Rollenspiel zu erleben. Unterstützung in Form von Ideen oder ganzen Artikeln sind sehr willkommen, einfach ein email loslassen.

Grundsätze des guten Spielleiters...

Jeder Spielleiter ist anders

Wie jeder Spieler eine andere Art zu spielen hat, so hat auch jeder Spielleiter seinen eigenen Stil während er eine Gruppe durch ein Abenteuer führt. Ein eigener Stil ist nichts schlechtes. Vielleicht ist der Spielleiter eher ein Geschichtenerzähler oder er zieht es vor, dass die Spieler den Abenteuerverlauf weitestgehend selbst bestimmen und er nur helfende Kommentare dabei gibt. Wichtig ist, dass die Spieler ihren Spielleiter und seine Aktionen und Reaktionen einschätzen können und sich dabei auch auf ihn verlassen können: wichtig ist der Spaß beim Spiel und die Gruppe als Ganzes den individuellen Spielstil genießt.

Die Spieler handeln selbst

Als Spielleiter den Spielern Handlungen der Charaktere aufzuzwingen, die diese nicht wollen, ist ausgesprochen unfair. Alle Handlungen der Charaktere sollte aus den Absichten und Entscheidungen der Spieler hervorgehen. Selbst wenn die Spieler anders handeln wollen, als der Spielleiter es vorsiehst, sollte er sie gewähren lassen. Das Abenteuer muss sich selbst seinen Verlauf suchen.

Natürlich spricht nichts dagegen, dass der Spielleiter Selbstverständlichkeiten für die Spieler ausspricht. Ist der Charakter betrunken, darf der Spielleiter davon ausgehen, dass er auch torkelt - aber er darf einen knallharten Actionheld im Angesicht einer Maus nicht auf einen Stuhl flüchten lassen...

Gerade im Kampf, in dem alles sehr schnell geht, ist es immer wieder erforderlich, dass Spieler und Spielleiter Annahmen über das Verhalten der beteiligten Charaktere treffen müssen. Aber dabei ist Vorsicht geboten - die Absichten der beteiligten Spieler und das übliche Verhalten der Charaktere dürfen nicht einfach ignoriert werden. Das gehört mit Sicherheit zu den schwierigsten Kapiteln im Rollenspiel, aber kein Meister ist vom Himmel gefallen...

Die Spieler sind beteiligt

Es ist nicht Aufgabe des Spielleiters, den Spielern eine fertige Geschichte vorzulegen. Die Spieler müssen immer die Möglichkeit haben, die Umwelt der Charaktere auch beeinflussen zu können. Zum einen direkt bei der Interaktion mit den vom Spielleiter geführten Figuren und zum anderen auch indirekt. Die Spieler sollen die Spielwelt im Rahmen der Geschichte auch selbst ausgestalten dürfen. Eine Kneipe findet sich an der nächsten Ecke, wenn der Charakter ein Bier will und der Plot nicht einen umherirrenden Charakter benötigt.

Eine zu detaillierte Beschreibung der Umgebung nützt keinem: was die Charaktere umgibt, kann auch (immer im Rahmen der Geschichte und des erforderlichen Fortgangs) von den Spielern mit beeinflusst werden. Auf den Überblick können bei Bedarf Ergänzungen von Spielleiter und Spieler folgen.

Die Spieler brauchen Erfolge

Ohne Erfolg wird man schnell mutlos und verliert den Spaß am Spiel. Was früher häufig Schätze und Erfahrungspunkte waren ist aber nicht alles. Gerade vielschichtige Charaktere haben Ziele und Wünsche. Gelegentlich eine kleine moralische Streicheeinheit macht das Spielen eines solchen Charakters für jeden Spieler zu einem persönlichen Gewinn. Aber die Spieler dürfen nicht zu sehr verwöhnt werden - dadurch schadet man der Atmosphäre weit mehr, als dass man ihr nutzt.

Alles Endgültige muss fair sein

Ein unbedachter Schritt darf nicht zum Ende eines Charakters führen. Es darf keine unsichtbaren Todesfallen geben - wenn der Charakter nicht entsprechend davor gewarnt wurde...

Manchmal muss für den Fortgang der Geschichte einem Charakter etwas zustoßen oder ein Charakter schlecht behandelt werden, vielleicht muss er sogar aus dem Spiel genommen werden (z.B. weil er krank wird, entführt wurde etc.), dann sollten die Auswirkungen aber nur vorübergehend sein und den Charakter nicht dauerhaft beeinträchtigen.

Der Wink mit dem Zaunpfahl

Manchmal sind Spieler unglaublich clever und erkennen ein komplexes Problem in kürzester Zeit, manchmal aber sind sie auch wie vernagelt. Von Zeit zu Zeit ist es notwendig, das Abenteuer vor der Stagnation zu retten und den Spielern eine Richtung zu zeigen, in welche sie weitergehen können. Aber das sollte im Spiel durch Nichtspielercharaktere geschehen und nicht direkt durch den Spielleiter. Solange es die Figuren der Spielwelt sind die handeln, ist es wesentlich leichter, die Glaubwürdigkeit der Geschichte bestehen zu lassen.

Jedes Problem muss eine Lösung haben

Die Charaktere werden ununterbrochen mit allen Problemen ihrer Welt belastet: Schurken, Monster, Katastrophen: alle machen den Charakteren das Leben schwer. Aber alle Probleme sollten irgendeine Art Lösung bieten - manchmal darf es auch nur das nackte Überleben sein.

Besser ist es jedoch noch, drei Lösungen parat zu haben: zwei Lösungen, auf die der Spielleiter gekommen ist und als drittes soviel Flexibilität, dass auch die Lösung, auf die die Spieler kommen, funktioniert.
Die Lösungen müssen nicht direkt und offensichtlich sein, aber es sollte kein Problem geben, für das es gar keine Lösung gibt.

    Werden die Charaktere gegen ein Monster zu Hilfe gerufen, das sie nicht besiegen können, könnten sie z.B. versuchen Hintermänner zu finden, die Beweggründe des Monsters zu klären oder auch ihm über eine besondere Schwachstelle beikommen...

Sinne und Erinnerung müssen zuverlässig sein

Der Spielleiter ist die einzige Schnittstelle der Spieler zur Spielwelt Er muss daher dafür sorgen, dass seine Beschreibungen so gut sind, dass alle Beteiligten auch von der gleichen Situation ausgehen und über das gleiche sprechen. Der Spielleiter ersetzt alle Sinne der Spieler für ihre Charaktere - die gegenwärtigen und die vergangenen. Erinnert sich ein Charakter an einen bestimmten Geruch, muss der Spielleiter dem betreffenden Spieler das mitteilen.

Natürlich können die Sinne und das Gedächtnis der Charaktere trügen. Krankheit, Gift, Illusionen trügen die Sinne. Das Gedächtnis kann unvollständig sein oder durch Vorurteile getrübt sein - oder auch ganz fehlen. Aber der Spielleiter muss dem Spieler genau das mitteilen, was der Charakter wahrnehmen würden.

Die Rolle des Spielleiters

Der Spielleiter hat in seiner Rolle als Autor und Regisseur einer Geschichte eine ganze Menge der Ve-antwortung, sowohl für Spass und Spannung als auch für die Charaktere, deren Schicksal weitgehend in seiner Hand liegt. Spielleiter müssen sich einer ausgesprochen schwierigen Aufgabe stellen: sie dürfen unter den Spielern keine Freunde, keine Feinde, keine Vorurteile und keine Vorlieben haben: Es sind nicht die Spieler sondern vielmehr nur die Charaktere und deren Persönlichkeit, die der Spielleiter betrachten sollte - und zu dieser Rolle des unvoreingenommenen Beobachters gibt es definitiv keine Ausnahmen!

Der Ruf

Der folgende Abschnitt basiert auf Anregungen von Bernhard Lehner, vielen Dank dafür! Nach eigener Auskunft arbeitet Bernhard derzeit an einem eigenen Rollenspiel. Ich meine, wir dürfen darauf gespannt sein :-)

Die Entscheidung über die Handlungen der Charaktere liegt normalerweise bei den Spielern, bei freien Rollenspielen wie Daidalos noch mehr als bei üblichen Rollenspielen. Die meisten Handlungen sind jedoch nicht losgelöst von ihrer Umgebung sondern erfolgen als Konsequenz früherer Ereignisse und ziehen gleichzeitig weitere Reaktionen der Umwelt nach sich, die möglichst "natürlich" auf Handlungen der Charakter reagieren sollten.

Häufig haben die Spielercharaktere mit Personen außerhalb ihrer Gruppe zu tun.
Wie diese Nichtspielercharaktere - die ja alle vom Spielleiter dargestellt werden - auf die Spielercharaktere reagieren, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Neben ihrem Aussehen und ihrem Auftreten spielt nicht selten auch der Ruf der Charaktere (der bekanntlich diesen immer vorauseilt :-) eine ganz entscheidende Rolle, wie sich die Umwelt gegenüber den Charakteren verhält.

Dabei geht der Ruf immer auch mit dem Bekanntheitsgrad der Charaktere einher. Wen man nicht kennt, den bewundert oder fürchtet man auch nicht aufgrund seiner angeblichen oder tatsächlichen Taten.
Und damit sind wir mitten im Ruf. Wovon hängt dieser ab?
Jede Tat (im Sinne von etwas Besonderem) eines Charakters, die beobachtet wurde, steigert dessen Bekanntheit. Wichtig ist hierbei, dass die Tat eines Charakters oder der ganzen Gruppe tatsächlich bekannt wird. Retten die Helden eines Nachts mal wieder die Welt und dummerweise kriegt es auch diesmal niemand mit, so war alles umsonst. Zumindest, wenn man nur die Auswirkung auf den Ruf der Charaktere betrachtet.
Junge, unerfahrene Charaktere sind normalerweise in ihrer Umgebung noch recht unbekannt, aber mit besonderen Taten wird sich das ändern, bis sie eines Tages womöglich weit über die Grenzen ihrer üblichen Aktivitäten bekannt sind.

    Als Linda McNeal von der New Yorker Polizei vor zwei Jahren das Attentat auf den Bürgermeister verhindern konnte, war ihr Name in aller Munde. Und in Insiderkreisen hat sich das bis heute nicht geändert...

    Die Raubüberfälle auf Postkutschen von Dirty Boris und seiner Bande in der Nähe von Daisy Fields waren mehrfach wochenlang Hauptgesprächsthema im Westen. Und immer noch haben die Leute angst, wenn es wieder mal das Gerücht gibt, dass Dirty Boris wieder aufgetaucht sein soll.

Die beiden Beispiele zeigen, Bekanntheit allein reicht nicht aus, um die Reaktion der Umwelt auf einen Charakter zu beschreiben. Ohne Bekanntheit entscheidet vor allem der erste Eindruck, aber kennt man den Charakter vom Hörensagen sieht es schnell ganz anders aus.

Hier kommt der Ruf eines Charakters ins Spiel.
Die nun verwendeten Begriffe "gut" und "böse" hängen sehr stark von der Spielwelt ab. In der High-Fantasy ist "gut" wirklich gut, während in düsteren Science-Fiction-Szenarien "gut" bereits ein Anflug von Wohltätigkeit sein kann. Ganz ähnlich gilt das auch für den Begriff "böse".
Was soll man nun als Spielleiter mit dem Ruf der Charaktere anfangen?

Durch gute Taten verbessert sich der Ruf eines Charakters, durch schlechte wird er entsprechend sinken.
Dieser Ruf hat fast immer Konsequenzen auf die Erwartungen der Umgebung - also auf die der Nichtspielercharaktere. Hat ein Charakter erst einmal einen guten Ruf, so wird von ihm auch erwartet, daß er sich entsprechend verhält.

Wenn ein Charakter mit sehr guten Ruf einen Unschuldigen tötet, so ist sein guter Ruf recht schnell beim Teufel, eine kleinere gute Tat hingegen wird seinen Ruf kaum verbessern, höchstens noch die Meinung der tatsächlich beteiligten beeinflussen. Das kann sogar soweit gehen, dass ein legendär guter Held nicht einmal mehr eine berechtigte Bitte ablehnen kann, ohne dass sein Ruf darunter leidet. Zugern werden kleine Fehler nicht verziehen sondern sofort verbereitet.
Umgekehrt nimmt das öffentliche Bewußtsein einem Charakter mit sehr schlechtem Ruf irgendwann einmal kleinere Delikte nicht mehr übel - fast erwartet man so etwas ja. Allerdings steht man auch guten Taten einer Person mit schlechtem Ruf so skeptisch gegenüber, das ein schlechter Ruf nur langsam verschwindet.
Generell ist es leichter, einen guten Ruf zu verlieren, als zu bekommen.

Der Ruf eines Charakters hat sehr konkrete Auswirkungen auf das Verhalten seiner Mitmenschen, die bereits Geschichten über den Charakter gehört haben. Ob das geschehen ist, ergibt sich aus der Bekanntheit des Charakters. Insbesondere kann sich der schlechte Ruf eines Charakters auf seine Gefährten auswirken, umgekehrt kann sich auch der Ruf der Gruppe auf einen einzelnen ausdehnen.

So kommt es vor, dass "gute" Charaktere in Geschäften bevorzugt bedient werden, vielleicht zum Essen oder auf ein Bier eingeladen werden, während ihren "bösen" Kollegen ein ordentlicher Preisaufschlag verpaßt wird oder erst gar kein Zimmer frei ist.
Gleichzeitig ist die Wahrscheinlichkeit, mit dem Gesetz und dessen Arm (Gardist, Sheriff, Polizei...) in Konflikt zu geraten, bei Charakteren mit schlechtem Ruf höher, selbst wenn nichts konkretes gegen sie vorliegt.
Und Charaktere, denen ein aussergewöhnlich schlechter Ruf vorauseilt (ohne ihn vielleicht durch eigenes Verschulden erlangt zu haben), müssen sogar damit rechnen, dass sich jemand aufmacht, um den angeblichen oder tatsächlichen Untaten ein Ende zu bereiten, Rache zu üben oder auch nur ein ausgesetztes Kopfgeld zu kassieren. Das kann allerdings auch bei sehr gutem Ruf, oder evtl. sogar bei sehr hoher Bekanntheit passieren.

Mit der Einschätzung des Rufs der Charaktere kann der Spielleiter ein Werkzeug gewinnen, das es ihm erlaubt, die Wirkung der Charaktere auf ihre Umgebung und die Reaktionen von außenstehenden Personen realistisch zu beurteilen. Insbesondere kann er damit eine in sich passende und konsistente Stimmung erzeugen, die den Spielern zeigt, dass das Verhalten ihrer Charaktere sehr wohl Auswirkungen auf die Handlungen anderer Personen hat und sie nicht - zumindest nicht ohne die Konsequenzen zu tragen - tun und lassen können, wie es ihnen beliebt.

Tipps für Spieler und Spielleiter

Spannung durch Beschreibung

Wagen wir einmal den Blick über den Tellerrand. Im Rollenspiel geht es um Geschichten und deren spannende Darstellung. Um das gleiche geht es auch in vielen anderen Medien. Insbesondere natürlich Fernsehen und Kino lassen Abenteuer und Tragödien, Helden und Schurken, Ungeheuerliches, Faszinierendes, Ergreifendes oder Komisches vor unseren Augen lebendig werden.

Film und Rollenspiel erlauben es uns in vergleichbarer Weise, den Alltag hinter uns zu lassen und in Welten der Phantasie einzutauchen.
Die Mittel, deren sich der Film dabei bedient, um Spannung zu erzeugen und die Zuseher in seinen Bann zu schlagen, sind häufig ähnlich - wenn auch mit einigen Einschränkungen - im Rollenspiel einsetzbar und können an der richtigen Stelle eingesetzt ganz entscheidend zu einem gelungenen Rollenspiel-Abend beitragen.

Wichtig ist sich bewusst zu sein, dass die Erzählung allein häufig nicht ausreicht, um entsprechende Bilder vor unserem inneren Auge hervorzurufen. Viele, möglichst alle Sinne sollten angesprochen werden. Vor allem aber darf das Auge nicht vergessen werden. Nur zu erzählen bewirkt nicht viel. Jeder Satz, jede Handlung eines Charakters sollte mit entsprechenden Gesten und Bewegungen dargestellt werden.

Springt um den Tisch, sprecht mit Händen und Füßen, wackelt am Tisch wenn ihr ein Erdbeben braucht: Rollenspiel ist nicht Schach, vielmehr wie Theater. Auch wenn es ungewohnt ist und zu Beginn vielleicht etwas schwer fällt, nach der anfänglichen Überwindung stellt sich der Erfolg garantiert ein.

Im folgenden werden Kunstgriffe erläutert, wie im Film Spannung erzeugt werden kann. Um nicht nur theoretische Überlegungen anzustellen, ist häufig eine Filmtechnik anhand eines kurzen "typischen" Beispiels erläutert, wie es sich im Rollenspiel ergeben könnte und ein Film genannt, der eine ähnliche Szene enthält.

Der Schnitt

Manchmal stockt die Handlung. Entweder weil die Spieler nicht wissen, was sie tun sollen oder auch weil tatsächlich noch nichts geschehen ist.
Mit einem Schnitt oder Cut - einer Blende zu einer Nebenhandlung - hat der Spielleiter die Möglichkeit, die Handlung voranzutreiben, ohne dass die Charaktere vor Ort sein müssen. Tatsächlich wissen ja nur die Spieler (!) von den Ereignissen. Auf diese Art lässt sich schlaglichtartig eine Szene darstellen, ohne dass das "warum" und "wie" besonders ausgearbeitet sein muss. Das Spieltempo erhöht sich automatisch, die Spieler werden unter Druck gesetzt und zum Handeln bewegt.

Auch Ereignisse, die gleichzeitig geschehen, lassen sich so sehr gut darstellen. Sehr spektakulär wird dieser Effekt, wenn die verbleibende Zeit bis zur Katastrophe (welcher Art auch immer: Prinzessinnen, die geopfert werden sollen, Bomben, die explodieren werden, Verfolger, die immer näher kommen...) nur mehr sehr knapp ist.

Dann bewährt sich auch besonderd der Gegenschnitt (Cross-Cut), der unterschiedliche Szenen abwechseln zeigt. Dieser bietet sich bei getrennten Gruppen geradezu an, wenn es darum geht, die Gleichzeitigkeit der Ereignisse darzustellen.

Szenen wie nachfolgend dargestellt eigenen sich insbesondere für Action-betonte Rollenspiele, aber auch in "ruhigeren" Rollenspielen ist ein Einsatz denkbar. Ein Schnitt ins Zelt des feindlichen (oder eigenen) Feldherren oder an die Stelle eines Überfalls ist gleichermaßen vorstellbar.

    Die Charaktere wurden in einen Bandenkrieg verwickelt und beraten gerade ihre Situation. Der Spielleiter möchte ihnen den Ernst der Lage vermitteln....

    Spielleiter: "Okay, ihr sitzt im Wohnzimmer von Hank. Schnitt..." (damit ist den Spielern klar: was jetzt kommt, können sie sich anhören, es aber nicht direkt beeinflussen)

    "Ein kleiner Laden an einer Nebenstraße, im Inneren sitzt ein Mann auf einem Stuhl, sein Gesicht ist von Rasierschaum bedeckt. Dahinter der Friseur, er zieht gerade die Rasierklinge ab. Sie unterhalten sich.

    Die Tür geht auf, ein weiterer Mann kommt herein. Er hat ein Paket unter dem Arm, übergibt es an den Friseur, gehr wieder nach draußen.
    'Hey Tim, dass du auf deine alten Tage noch Pakete bekommst...los mach schon auf!'
    Tim nimmt das Paket und...
    BUUUUMMMMMM! Eine Feuerwelle schlägt aus dem Fenster.
    Schnitt...
    Ihr sitzt im Wohnzimmer von Hank."

    (g e s e h e n  i n  "R o m e o M u s t D i e ":  i m  F r i s e u r l a d e n )

Handlungssprünge durch die Zeit

Nicht jeder Augenblick ist gleich interessant. Schlafen, Essen, U-Bahnfahren sind Tätigkeiten, die meistens ignoriert werden können (es sei denn, es geschieht dabei etwas). Aber nicht nur kurzfristige Auslassungen sind interessant, auch das beliebte "...20 Jahre später..." ist ein Beispiel für den unstetigen Zeitverlauf einer Geschichte.

Von der rollenspielerischen Seite her betrachtet, ist ein Sprung in die Vergangenheit jedoch faszinierender. Nicht nur, dass damit Ereignisse der Vergangenheit beschrieben werden können. Auch Eigenschaften oder Fähigkeiten beteiligter Charaktere lassen sich so im laufenden Spiel erfinden oder entdecken. Insbesondere Kindheitserinnerungen eignen sich ausgezeichnet, um mit Hilfe dieses Rückblicks die spezielle Einstellung, Meinung oder Erfahrung eines Charakters zu erspielen.

Zeitlupe

    SL: "Endlich stehst du Dirty Harry gegenüber..."

    Spieler: "Ich greife zum Revolver und reiße ihn aus dem Holster." (der Spieler greift an seinen Gürtel und zieht seinen Zeigefinger :-)

    SL: "Harry hat dich bemerkt und gleichzeitig mit dir greift ebenfalls an seine Waffe."
    (Der SL macht eine ähnliche Bewegung wie der Spieler, jedoch *deutlich* langsamer.)
    "Gleichzeitig sieht Harry um sich [Pause] und springt in Richtung eines Wagens, der vor dem Saloon abgestellt ist [Pause]. Noch bevor er richtig dort ist, fliegt bereits die erste Kugel auf dich zu..."

    ( ä h n l i c h e s o f t g e s e h e n i n "T h e M a t r i x ")


Wann immer etwas zu schnell geht, als dass man es noch vernünftig verfolgen könn-te, ist die Sprache mit Sicherheit zu langsam, um die Ereignisse entsprechend zu be-schreiben. Aber es gibt einen Trick, das Bewusstsein entsprechend zu überlisten.

Eine Darstellung in Zeitlupe erscheint uns - wenn wir wissen, dass es in Wirklichkeit deutlich schneller ist - entsprechend beschleunigt.
Schnelle Kampfszenen, spektakuläre Sprünge oder der Eintritt in den Hyperraum -extrem schnelle oder kurze Ereignisse gewinnen mit Hilfe der Zeitlupe an Gewicht und Deutlichkeit und können sehr leicht von den Spielern und vom Spielleiter gleichermaßen als erzählerisches Hilfsmittel genutzt werden.

Allerdings ist die Sprache nur relativ schlecht geeignet um zu zeigen, dass ein Vorgang langsamer abläuft. Gerade die Zeitlupe erfordert einen gewissen schauspielerischen Einsatz von Spielleiter und Spielern, der sich aber auf alle Fälle lohnt.

Momentaufnahme

    SL: "Vor euch erheben sich dunkel und unheimlich die monumentalen Gipfel des Wolkenzahngebirges..."
    (die Landschaftsaufnahmen der „Karl-May-Filme“ ...)

Ein eher seltenes Element ist die Momentaufnahme, ein unbewegtes oder sehr ruhiges Bild. Filmisch umgesetzt z.B. mit der Aufnahme eines Fotos. Mit diesen statischen Beschreibungen wird das Tempo auf null oder beinahe null gebremst. Ohne dass Zeit verloren geht, kann so die Landschaft beschrieben, Erinnerungen geweckt oder eine bestimmte Wahrnehmung betont werden. Eine Momentaufnahme ist besonders geeignet, zu Beginn einer Szene den Ort möglichst stimmungsvoll einzuführen und die Situation den Spielern anschaulich darezustellen.

Im Rollenspiel ist es wichtig, dass gerade bei einer Beschreibung (egal ob Ort, Person oder Ereignis), die ja hauptsächlich mit Worten geschehen muss, die Zeit für einen kurzen Augenblick stehen bleibt und die Wahrnehmung einer Situation nicht dadurch zerstört wird, dass die Spieler es schon nicht mehr erwarten können, wer als erster etwas sagen oder tun darf.

Zeitraffer

Gewisse Ähnlichkeiten zum Zeitsprung lassen sich beim Zeitraffer durchaus wiedererkennen.
Ziel ist es, einen Vorgang, der in Wirklichkeit länger dauert, verkürzt darzustellen.
Ob es der Wechsel der Jahreszeiten, der Genesungsprozess eines Verwundeten oder das Heraufziehen eines Gewitters ist, spielt keine Rolle.
Denkbar ist eine solche Beschleunigung auch für einen einzelnen Charakter. Möglicherweise ziehen seine Erinnerungen wie im sprichwörtlichen Zeitraffer an ihm vorüber oder der Charakter steht unter dem Einfluss von Magie oder Beruhigungsmitteln...der Phantasie sind hier (wie immer) keine Grenzen gesetzt.

Perspektiven

    Spieler: "Da, endlich, die Bombe. Ich drehe mich zu den anderen 'Hierher! Schnell! Ich hab sie gefunden!' und sehe sie mir dann näher an."
    SL: "Du kommst hin. Eine rote LCD-Anzeige fällt dir sofort auf: sie steht auf 187."
    Spieler: "Ich..."
    SL: "186...185.."
    Spieler: "Ich winke die anderen weg. 'Lasst mich nachdenken!', ich denke mir 'Du musst jetzt ruhig bleiben, es ist nicht deine erste...'"
    SL: "Du kniest dich vor die Bombe, irgendwie erscheint sie dir gewaltig groß und unübersichtlich. Schweiß steht dir auf der Stirn ohne dass du es bemerkst...153...drei blaue und zwei rote Drähte gehen vom Zünder zur Uhr...149...vermutlich ein elektronischer Zünder...geschützt...138 Sekunden zwischen dir und dem Bumm...

    (b e i n a h e a l l e  Fi l m e   a u s  H o l ly wo o d )

Alles ist eine Frage der Perspektive. Das gilt allgemein genauso wie im Rollenspiel und Film. So wie jede Kameraeinstellung (und die damit verbundene Perspektive) unterschiedliche Wirkungen erzielt, so kann auch der Spielleiter mit der richtigen Perpektive Spannung erzeugen.

Es beginnt mit der Totale, die eine Gesamtansicht einer ganze Szene erlaubt und damit entsprechende Übersicht ermöglicht. Aus dem Flugzeug, vom Feldherrenhügel herunter, von der Spitze des Segelmastes oder im Traum über Landschaften schwebend erleben die Spielercharaktere ihre Umwelt eher aus einer passiven Beobachterrolle, die kaum ein Eingreifen ermöglicht, dafür aber wertvolle Hinweise über ein wie auch immer geartetes Geschehen erlaubt.

Über die Halbtotale reicht das Spektrum bis hin zur Nahaufnahme, die im Extremfall nur ein einzelnes Detail wie ein glitzerndes Auge, ein Funkeln auf einem Schwertknauf, einen roten Knopf, einen blauen Draht oder einen fallenden Wassertropfen zeigt. Damit rückt nur ein winziger Ausschnitt in den Mittelpunkt des Interesses und die Umgebung wird für die Charaktere nicht wahrnehmbar - und damit verschwindet auch das, was dort sonst noch geschieht. Die Aufmerksamkeit ist minimalistisch auf einen einzelnen Punkt gerichtet und dieser wird dadurch in seiner Wichtigkeit außerordentlich betont.

Ein extremes Zoom sollte entsprechend verwendet werden: Gegenstände ohne Bedeutung rücken nicht in das Zentrum der Aufmerksamkeit, wichtige hingegen über-decken alles in der Beschreibung was sich noch in der Umgebung befindet. Solche Nahaufnahmen, die nur einen Punkt im Fokus haben, bleiben meistens nicht sehr lange bestehen, aber sie verdichten die Spannung und Atmosphäre.

Poesie

Dieser Abschnitt trägt diesen vielleicht etwas befremdlichen Titel, um auch weitere Beschreibungsmöglichkeiten in das mögliche Spektrum des Spielleiters aufzunehmen.

Einige Stilmittel des Films und der Literatur sind auch geeignet, um damit die Atmosphäre des Spiels weiter zu verdichten.

Prolog

Dabei handelt es sich um eine kurze Geschichte am Anfang des Abenteuers oder eines Spielabschnitts, die inhaltlich tatsächlich oder vermeintlich nichts mit dem tatsächlichen Abenteuer zu tun hat. Damit kann eine Einstimmung auf das bevorstehende Abenteuer erleichtert werden und ermöglicht einen schnelleren Spielbeginn. Auch eine Zusammenfassung der vergangenen Ereignisse kann als Prolog dienen.

Symbolismus

Bei der Beschreibung eines Orts, eines Gegenstands oder einer Person wird ein Symbol verwendet, um damit das Ganze oder eine bestimmte Eigenschaft zu charakterisieren. Für den Spielleiter ergibt sich damit eine Möglichkeit, bestimmte Eigenschaften zu beschreiben ohne sie direkt nennen zu müssen. Klassisches Beispiel ist die Waage als Symbol für die Gerechtigkeit, aber auch könnte ein großer Computer für ein High-Tech- Unternehmen, ein wertvolles Bild für Reichtum etc. stehen...

Traum und Vision

Der Charakter sieht dabei eine Umwelt, die nur für ihn allein und vorübergehend zur Realität wird. Der Charakter weiß häufig nicht, dass es sich um einen Traum oder eine Vision handelt. Besonders eindrucksvoll lässt sich eine entsprechende Situation darstellen, wenn auch der Spieler nicht weiß, dass die Handlungen seines Charakters nicht in der „echten“ Spielwelt stattfinden.

Perspektivenwechsel

Dabei wird die Beschreibung einer Situation aus der Perspektive einer anderen Person - insbesondere nicht aus der Perspektive eines Spielercharakters beschrieben. So lassen sich manchmal recht interessante Wertungen einer Situation abgeben, die indirekt auch die Spieler beeinflussen können und ihnen wertvolle Tipps oder auch irreführende Ansichten vermitteln.

    So könnte z.B. ein wichtiger Empfang, zu dem die Charaktere eingeladen sind, zur Einleitung aus der Sicht eines Kellners oder des Gastgebers beschrieben werden - und die drei unpassend gekleideten Gestalten sind womöglich auch die Charaktere...

Perspektivismus

Die Beschreibung der Umwelt unterscheidet sich für jeden Charakter und fällt dabei anders aus. Je nachdem, ob ein Charakter Optimist oder Pessimist ist, findet er ein halb volles oder halb leeres Glas vor.

Der Charakter kann dabei nicht genau unterscheiden, was nun "echte" Realität ist und was auf seiner subjektiven Beobachtung beruht. Am objektivsten beobachtet ein Charakter, der weder besonderer Optimist noch Pessimist ist. Der Optimist neigt dazu, die Welt durch eine rosarote Brille zu sehen und manche Gefahr zu unterschätzen. Der Pessimist hingegen neigt dazu alles gegen sich auszulegen und Flecken auf der Tischdecke als Beweis für die Abneigung des Wirts zu sehen...

Diese Aufstellung ist mit Sicherheit nicht vollständig, jeder gute Film bemüht sich, seine Kameraführung, seinen Erzählstil und seine Erzählmittel an die Geschichte anzupassen. Am meisten lernt man wohl, wenn man einfach versucht, sich etwas bei den "echten" Profis abzuschauen, um weitere Ideen zu bekommen.

einige Links auf vielversprechende Seiten

Auch andere Mütter haben schöne Töchter... Daidalos ist nicht das einzige Rollenspiel im Netz, daß sich mit freiem oder beschreibendem Rollenspiel in irgendeiner Weise beschäftigt und noch weniger kann es die vielen guten Seiten im Netz zusammenfassen, die sich einer Verbesserung des Rollenspiels widmen. Daher habe ich eine Sammlung einiger Links zusammengestellt, die mir besonders vielversprechend erscheinen.

Diese Liste ist natürlich nicht vollständig - es gibt viele Seiten, die sich um gutes Rollenspiel bemühen - wenn ihr also eine Seite kennt, die eurer Meinung nach hierher gehören würde, so schreibt mir doch bitte.

Kostenlose Rollenspiele

    Liquid deutsche Seite
    ist eines der besten freien deutschen Rollenspiele - nicht nur wegen der vielen inhaltlichen Verwandschaften zu Daidalos, sondern gerade auch wegen umfangreichen Zusatzmaterials

    The Window english Site
    ist nicht nur hervorragend gelayoutet sondern bietet auch einige interessante Anregungen fürs Rollenspiel.

    Slug english Site oder RABE! deutsche Seite
    die deutsche Übersetzung von Slug erläutern kurz die Möglichkeiten, einen Charakter zu beschreiben.

    Sherpa english Site
    benennt sich nach den berühmten Lastträgern des Himalaya und ist als "Wanderrollenspiel" gedacht - entsprechen knapp ist es gehalten. Wie auch schon Slug stammt es aus der Feder von Steffan O'Sullivan, dem Autor von FUDGE.

    Risus english Site
    ist ein schnelles, kleines Rollenspiel für jede Gelegenheit. Die Charakterentwicklung ist elegant und beruht nur auf Klischees, die man einem Charakter zuordet.

Tips zum Rollenspiel

    Worm's Homepage deutsche Seite
    bietet diverse "pseudophilosophische" Überlegungen zum Rollenspiel.

    Das Projekt-Odyssee deutsche Seite
    ist eine Sammlung und Plattform für die Verbreitung verschiedener Rollenspiele. Ein besonderer Leckerbissen für alle Freunde freier (und kostenloser) Rollenspiele.



...wo gibt es mehr?

Die Überschrift läßt es bereits vermuten. Dieses Kapitel ist noch nicht vollständig.

Ich habe zwar schon einige Zeit interessante Gedanken rund ums Rollenspiel gesammelt, zum Teil auch schon formuliert, aber druckreif sind sie noch nicht. So langsam hoffe ich jedoch, damit hier aufwarten zu können. Auf der Daidalos-Mailingliste werde ich es auf alle Fälle bekannt geben.

Bis dahin kann ich nur auf meine allgemeine Homepage, Lord Nords phantastische Welten verweisen, dort habe ich auch einige Tipps zum Rollenspiel abgelegt. Oder seht einfach mal ins Forum.



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